Sich am Riemen reißen und in die Riemen legen
Redensart/Redewendung
sich am Riemen reißen
sich in die Riemen legen
Bedeutung
1) sich zusammenreißen – sich in der Gewalt haben; etwas erledigen, obwohl man dazu keine Lust hat – sich zu etwas zwingen
2) sich tüchtig anstrengen – sich viel Mühe geben
Herkunft
Unter einem Riemen versteht man im weitesten Sinne ein längliches Stück Leder. Daher lautet so auch eine etwas veraltete Bezeichnung für einen Gurt bzw. Gürtel, der zumindest früher immer aus Leder bestand. Und der Gürtel ist auch gemeint, wenn jemand von Ihnen verlangt, dass Sie sich am Riemen reißen. Diese Redewendung ist wohl zur Zeit des Ersten Weltkriegs aufgekommen. Damals (freilich auch vorher und danach) galt es, stets in tadelloser Haltung und Uniform vor den Vorgesetzten zu erscheinen, sei es beim morgendlichen Appell, sei es im dicksten Schlachtgetümmel. Nachlässigkeiten hätte man als schädlich für die Moral der Truppe angesehen. Zu den Anforderungen gehörte zum Beispiel, dass die Gürtelschnalle genau in der Mitte saß; nicht drei Zentimeter links der Knopfleiste, nicht zwei Zentimeter rechts davon, sondern genau mittig. Andernfalls musste sich der Soldat wortwörtlich schleunigst am Riemen reißen, ihn also in die vorgeschriebene Lage ziehen.
Sich in die Riemen legen hingegen ist nichts für Landratten. Der Seemann versteht unter Riemen das, was wir als Ruder oder auch Ruderblatt bezeichnen. Aber der Seemann rudert auch nicht, er pullt. Beim Rudern/Pullen arbeitet man nicht nur mit den Armen, sondern lehnt sich mit dem Oberkörper zurück, um dank des Körpergewichtes und der Rückenmuskeln mehr Zugkraft entfalten zu können. Und wenn Sie sich regelrecht in die Riemen legen, sind Ihre Anstrengungen besonders groß.
Dass zwischen Riemen und Riemen ein so großer Bedeutungsunterschied besteht, liegt daran, dass die Wörter auch unterschiedlicher Herkunft sind. Der lederne Riemen stammt aus – um es viel zu einfach und somit fast schon falsch zu sagen – dem germanischen Sprachkreis, das Ruder hingegen geht auf das lateinische Wort remus zurück.
Vergleichsweise selten kommt die Redensart „den Riemen enger schnallen (müssen)“ vor. Sie bedeutet, dass man sich einschränken, in seinen Bedürfnissen anpassen, sparen oder gar hungern muss. In diesem Sinn wird jedoch „den Gürtel enger schnallen“ ungleich häufiger verwendet.
Quelle Röhrich, Lutz: Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten, 7. Auflage, Herder Verlag, Freiburg – Basel – Wien 1994, Bd. 2, S. 1244
Quelle Duden-Reihe, Bd. 7, Herkunftswörterbuch, 3. Auflage, Dudenverlag, Mannheim – Leipzig – Wien – Zürich 2001, S. 675 |